Liebe Leserin, lieber Leser,
Geschenke, die ich selbst eingepackt habe, sind recht leicht zu erkennen. Zu wenig gerades Papier, zu viel Tesa-Film, alles etwas unordentlich eingepackt, schief und krumm, die Schleife will nicht so richtig gelingen. Die Liste ließe sich ergänzen.
Daheim wurde ich dann gefragt: Das hast du selbst eingepackt, oder? Ja, hab ich. Das Einpacken hat sich mir nie so ganz erschlossen. Wieso sollte ich mir bei der Hülle so viel Mühe geben? Die hält doch nur Sekunden. So wie ich Geschenke einpacke, packe ich sie auch aus. Meine Oma hat das immer kommentiert: Gleich kannst du wieder ein Geschenk aufratschen. Aufratschen. So habe ich das als Kind gemacht. Was interessierte mich damals schon das olle Papier, ich wollte wissen was darunter liegt. Auch wenn ich das Auspacken heute besser kann als das Einpacken bleibe ich in meiner Familie vermutlich zeitlebens der „Aufratscher“.
Ich bin froh, dass das Geschenkpapier nicht das eigentliche Geschenk ist. Das kann ja trotz höchst unterschiedlicher Hülle sehr liebevoll ausgesucht und genau das Richtige sein. Das Wesentliche, das Geschenk eben, darauf kommt es doch am Ende an.
Mit dem Advent geht es mir recht ähnlich wie mit meinen Einpack-Erfahrungen. Der Advent ist - zumindest in meinem Leben - oft ziemlich ernüchternd. Jedes Jahr nehme ich mir vor, rechtzeitig mit allen Dingen fertig zu sein. Plätzchen gebacken, Wohnung geputzt, Weihnachtsdeko angebracht, erste Gedanken über Geschenke abgeschlossen, damit keine Hektik aufkommt.
Ein besinnlicher Advent, das wäre traumhaft. Sich einstimmen auf Weihnachten mit viel Ruhe, entspannt auf dem Sofa bei Tee, Plätzchen und Kerzenschein, vielleicht leise Musik hören.
Meistens klappt das nicht so gut. Mein Advent ist oft sogar eher das Gegenteil von dem, was ich mir vornehme. Er nervt und stresst, zu wenig gerades Papier, zu viel Tesa, alles etwas unordentlich eingepackt, schief und krumm, die Schleife will nicht so richtig gelingen. Die Liste ließe sich ergänzen.
Mein Advent ist oft ein schlecht eingepacktes Geschenk, mal mehr, mal weniger. Und ich beneide diejenigen, die das besser können und hinkriegen; die einen schön eingepackten Advent haben. Mein Advent liegt also wie ein schlecht eingepacktes Geschenk unterm Baum, neben ganz vielen unterschiedlichen Geschenken von anderen Menschen, so wie eben deren Advent ist. Einige sind eingepackt in Zeitungspapier, andere in schrill buntem Weihnachtspapier, einige umweltfreundlich, andere Hochglanz, schief oder gerade, einige mit bunter Schleife, andere karg und unverziert. Aber all diese Geschenke, all diese Adventserfahrungen liegen unterm Weihnachtsbaum.
Im Johannesevangelium heißt es: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ Egal wie schlecht mein Advent eingepackt ist, das Auspacken, das lohnt sich immer. Der Advent ist nicht das eigentliche Geschenk. Trotz bei mir vielleicht mangelhafter Hülle ist da ein liebevolles, besonders passendes, ein genau richtiges Geschenk, eben das Wesentliche. Dieses Geschenk ist für alle. Zu Weihnachten wird das ausgepackt. Zu Weihnachten schenkt uns Gott seinen Sohn, zu Weihnachten kommt Gottes Liebe in die Welt, damit wir nicht verloren gehen, sondern in seiner Liebe bleiben. Ein fröhlich-buntes und gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen
Ihr Pfarrer Niels Hönerlage
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