Wenn die Kleinen die Großen sind

Sonntag, Gottesdienstzeit: Die Tür öffnet sich immer wieder. Menschen betreten die Kirche: Ehepaare, Einzelne, ein paar Jüngere und einige Ältere. Sie suchen feste Nahrung für ihre Seelen, das Jesusbrot des Lebens in Lesungen, Liedern, Gebeten und in der Predigt. Sie wollen zum Wesentlichen kommen, zur Ruhe, zur Einkehr. Der Gottesdienst ist eine stille Stunde im heiligen Raum: Lauschzeit für die Ohren, Segenszeit für die Herzen. Die Glocken läuten, es ist der Augenblick der inneren Sammlung, der persönlichen Andacht.

Da geht die Tür noch einmal auf. Eine Familie kommt herein. Mutter, Vater, drei Kinder. Ich freue mich, sie zu sehen. Das geht anderen genauso. Aber wenn die Kleinen nun anfangen, die Weite des Raumes für ihre Streifzüge zu nutzen, dann wird das manchem Großen zu viel. Es stört die Andacht. Es lenkt ab.

Nur: Tut es das wirklich? Sind die Kinder nicht einfach nur ein besonders bunter Mosaikstein im Vielfarbenbild der Zuwendung Gottes zu uns Menschen? Dann wäre ein Gottesdienst ohne Kinder sogar eine kleine Armut mitten im Reichtum der feiernden Gemeinde. Die Kleinen haben nicht nur ein Recht auf Teilhabe. Sie sind auch nicht einfach nur unser Nachwuchs. Da sind sie auch, natürlich. Aber biblisch gesprochen sind Kinder die Mitte. Genau dort stellt Christus sie nämlich hin. Kinder sind Lehrstücke des Glaubens und Himmelstoröffner: „Da rief Jesus ein Kind zu sich, stellte es mitten unter sie und sprach: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“  (Matthäus 18, 2+3) 

Ich fand immer beglückend, wie fröhlich Pfarrer Gerd Kirchner die Kinder in seine Gottesdienste durch Gesten und Zuwendungen eingebunden hat. Zu meiner Zeit in diesem Beruf habe ich das auch so gehalten. Kinder gehören in die Mitte. Im Gottesdienst, im Zauber musikalischer Veranstaltungen, im Leben einer Kirchengemeinde. Kinder sind Himmelstoröffner. Sie locken in eine Umkehr, die uns dem Heiligen näher bringt. Dafür dürfen sie gerne hörbar „sprudeln“.

Das tut die Quelle des Leben ja auch.                                                                           Thomas Perlick