Kreuzkirche Wildflecken

Kirche Wildflecken
Bildrechte Pfarramt Wildflecken
Kreuzkirche

Mit der Einweihung der neuen Kreuzkirche im Jahr 1959 ging für die noch junge evangelische Gemeinde in Wildflecken ein großer Wunsch in Erfüllung. Der Neubau war nötig geworden, weil die alte „Notkirche“, eine Barackenkirche, 1950 erstellt und zunehmend reparaturbedürftig, nicht mehr ausreichte. Mit großem Engagement wurde deshalb ein Neubau angestrebt, wobei von Anfang an nicht nur eine Kirche, sondern ein kleines Gemeindezentrum geplant war. Die Entwürfe umfassten deshalb auch einen an die Kirche angeschlossenen Gemeinderaum, ein Pfarrhaus und einen hellen, verglasten Verbindungsgang zwischen Kirche und Pfarrhaus.

Wissenswertes - die wichtigsten Zahlen, Daten, Fakten

Kirche und Pfarrhaus Wildflecken
Bildrechte Pfarramt Wildflecken
Ensemble von Kreuzkirche und Pfarrhaus, 1960er Jahre
  • 1955: Erste Planungen und Kostenvor-anschlag für Kirche und Pfarrhaus durch das Torhaus-Atelier, Bad Neustadt
  • Kostenvoranschlag: 200 000 DM
  • endgültiger Entwurf und Planung durch Architekt u. Dipl. Ing. Franz Gürtner, München
  • örtliche Bauaufsicht: Architekt Norbert Gutmann, Wildflecken
  • 1957 – Februar: Erstellung des Bauprogramms
  • 1957 – Oktober:  Baubeginn und Grundsteinlegung
  • 1958: Einweihung des Pfarrhauses
  • 1959 – Dezember: Einweihung der Kirche (ca. 280 Plätze)
  • 1986 – 1989 grundlegende Renovierung von Pfarrhaus und Kirche
  • 1993 Einbau einer neuen Orgel
  • Anfang der 2000er Jahre weitere Renovierungsmaßnahmen

Sehenswertes - was man sich genauer anschauen sollte

Deckenkonstruktion Altarraum
Bildrechte Ritta Helfrich
Deckenkonstruktion Altarraum

In Architektur und Gestaltung ist die Kreuzkirche ganz und gar „ein Kind ihrer Zeit“, entworfen und durchgeplant von Franz Gürtner, einem renommierten Münchner Architekten, der für viele Kirchenneubauten in ganz Bayern verantwortlich war. 

Der Grundriss der Kirche ist, wie damals häufig anzutreffen, nicht rechteckig, sondern unregelmäßig, hier fast trapezförmig angelegt. Der Mittelgang des 12m hohen Kirchenschiffs führt direkt zum leicht gerundeten Altarraum. Die Holztäfelung der Decke ist so gestaltet, dass der Eindruck eines Zeltdaches (Sinnbild des „wandernden Gottesvolkes“) entstehen kann.

Blick auf den Altarraum
Bildrechte Ritta Helfrich
Blick auf den Altarraum

Rechts vom Altar befindet sich der Taufstein, links die Kanzel. Taufstein und Altar sind aus Klinkern gebaut, nicht quaderförmig, sondern in Form eines Pyramidenstumpfs. Auch bei der aus Holz errichteten Kanzel überwiegen schräge Kanten. Diese Linienführung (v- oder x- förmig) wird bei vielen Einrichtungs- und Gestaltungselementen immer wieder aufgegriffen.

Dreiteiliger Altarwandteppich mit der Auferstehung Christi
Bildrechte Ritta Helfrich
Dreiteiliger Altarwandteppich mit der Auferstehung Christi

So auch im dreiteiligen, gewebten Altarwandteppich der Lohrer Künstlerin Margot Krug – Grosse. Das Triptychon zeigt die Auferstehung Christi. Kanzel- und Altarantependien sind farblich und stilistisch auf den Altarwandteppich abgestimmt. 

An der Süd- und der Westseite lassen Glasbaustein-Fenster Licht in das Gebäude, in der Westwand rechteckig angeordnet, im Südgiebel kreuzförmig – dem Namen der Kirche entsprechend. 

Ein besonderer Blickfang ist das aus fünf Quadraten bestehende, farbige Glasbaustein-Fenster in der Sakristei, das Symbole des Kreuzigungstodes darstellt, aufgrund seiner Lage aber den meisten Besuchern verborgen bleibt.

Als Erinnerung an die alte „Barackenkirche“ wurden zwei Glasfenster in die neue Kreuzkirche mitgenommen. Sie symbolisieren die zwei Sakramente. Gestaltet wurden von sie von Fritz-Otto Kaufmann aus Bad Brückenau und enthalten im unteren Teil die Namen ihrer Spender.
Über den Südgiebel und die Westseite zieht sich eine Empore, leicht geschwungen und mit einem Bänderornament versehen (kleine und größere goldfarbene Quadrate). Auch dies ein typisches Element der damaligen Zeit. Die goldene Farbe wird durch ein weiteres Ornament aufgegriffen: Blätterwerk, das sich um die Lampenaufhängungen rankt.

Die neue Walker-Orgel von 1993
Bildrechte Ritta Helfrich
Die neue Walker-Orgel von 1993.

Die alte Orgel war zunächst vorne auf der rechten, östlichen Empore platziert, die neue Orgel befindet sich auf der Empore des Südgiebels. Sie nimmt in ihrer äußeren Form die Linienführung der Kirche auf und wurde 1993 von der renommierten englischen Orgelbaufirma Walker & Sons Ltd. errichtet.

Sowohl in der äußeren Gestaltung des Gebäudes als auch in der Inneneinrichtung wird der neue, sachliche Stil der Nachkriegszeit konsequent durchgehalten. Die gesamte Inneneinrichtung ist stilsicher und „aus einem Guss“. Selbst die kleinsten Details (Liedtafeln, Kerzenleuchter, Lesepult, Wandleuchten, Türdrücker, Opferbüchsen) sind auf die Gesamtgestaltung abgestimmt. Hier „passt“ alles zusammen und macht die Kreuzkirche zu einem Baudenkmal ganz besonderer Art.

In einem Artikel der Main-Post vom 25.6.1960, der eigentlich die Orgel der neuen Kreuzkirche zum Thema hatte, kommt der Verfasser zu einer ähnlichen Einschätzung:  

„Immer mehr Besucher aus der gesamten Bundesrepublik und Sachverständige des modernen Kirchenbaus und sakraler Kunst kommen nach Neuwildflecken*, um sich den Gürtner-Bau der neuen evangelischen Kreuzkirche in der Jahnstraße anzusehen und die durch die Ausstellung „Neue kirchliche Kunst“ in Nürnberg und ganz Bayern bekannt gewordenen Inneneinrichtung der Kirche zu betrachten.“

*Die Gemeinden Neuwildflecken und Wildflecken schlossen sich 1970 zur Gemeinde Wildflecken zusammen.

Bemerkenswertes - interessante Randnotizen

Die gesamte Inneneinrichtung der Kirche - von den Glocken und der Orgel bis zum Altar und den Kirchenbänken - musste von der Kirchengemeinde aus eigenen Mitteln selbst erbracht werden. Man war daher für jede Art von Hilfe und Unterstützung sehr dankbar.  

 

  • Das „Scherflein“ der Witwe

Die Spendenbereitschaft war allgemein groß. Außergewöhnlich hoch war jedoch der Beitrag von Frau Juliane Ratz, einer damals 85jährigen Flüchtlingswitwe aus Wolhynien (in der heutigen Ukraine gelegen). Bei einer monatlichen Rente von 100 DM spendete sie über 1600 DM, für die damalige Zeit ein kleines Vermögen.

 

  • Die „Helping Hands From Yanks“

So betitelte die amerikanische Militärzeitung „Stars and Stripes“ einen Artikel in ihrer Ausgabe vom 2. Oktober 1958, in dem der nicht unerhebliche Beitrag der US-Army zum Bau der Kreuzkirche beschrieben wurde. Man half mit Gerät, Arbeitskräften und Spenden. Maßgeblich war dabei eine Vereinigung protestan-tischer Militärangehöriger, der PMOC, die ähnliche Projekte in Deutschland, Frankreich und Italien förderte.

 

  • Die Bibel aus der Bundeshauptstadt Bonn

Ein besonderes Geschenk bekam die Gemeinde 1955 von Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Er spendete eine Altarbibel mit der Widmung: „Der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Neuwildflecken* mit guten Wünschen und Grüßen, Bonn, September 1954, Theodor Heuss“. Die Bibel lag zunächst in der Notkirche auf dem Altar und fand dann in der neuen Kreuzkirche den ihr zustehenden, würdigen Platz.  

 

*siehe oben